Ein Gang durch die dunklen Seiten der Stadt

Fast zweieinhalb Stunden wagte sich die Kolpingsfamilie Rheidt am Freitag, 21. Juni 2013, mit einem Nachwächter durch das mittelalterliche Bonn. Wir schreiben das Jahr 1698, das Hauptgebäude der Universität ist noch nicht errichtet, aber auf der Wiese, die man heute „Am alten Zoll“ nennt, treibt sich auch im 17. Jahrhundert schon allerlei Gesindel herum und bereitet sich seine Mahlzeiten.

Durch das Stockheimer Tor (heute Stockentor, die Rheinländer verschlucken ja gerne einige Silben) gelangen wir auf den Marktlatz. Auf unsere Geldkatzen müssen wir gut Obacht geben, Beutelschneider sind allenthalben unterwegs. Aber unser historisch gewandeter, mit Hellebarde gerüsteter Nachtwächter begleitet uns ja und hält allerlei Unbill von uns fern. Über die Bestrafung von unsauber arbeitenden Bäckern aus der Pisternenstraße (Sternstraße) mittels einer „Wippe“, mit der sie in den Rhein getaucht werden, erzählt der Wachtmeister genauso, wie über das unsägliche Tun der Bonner Brauer, in ihr Bier gemahlene „Kuckelkörner“ zu mischen. Diese lassen den Kopf schmerzen, den Gang und die Sprache unsicher werden. Daher stärken wir uns auch am Sterntor mit eigens aus Köln importiertem Gerstengetränk. Über den Florentiusgraben, wo die Ehrlosen wie Schinder, Goldgräber, Fellpflücker, Dirnen und als ehrlosester unter den ehrlosen, der Henker wohnen, gelangen wir zurück zur Stiftskirche St. Cassius und Florentius. Heute ist diese Kirche allen als Bonner Münster bekannt.

Ein rundweg gelungener Abend, den wir gerne im ersten, historisch belegten Lokal Bonns „Em Höttche“ beschließen.